Gipfel urbanen Entertainments

„Glanzzeit“ heißt sie, am Mittwochabend feierte sie Wieder-Premiere, und sie schließt den Krystallpalast von heute kurz mit dem der großen Zeit des Genres: mit den Goldenen 20ern (…).

Urs Jäckle [ist] wieder mit beiläufiger Souveränität das Kunststück gelungen (…), über zwei sehr kurze Stunden hinweg höchst unterschiedliche Einzelnummern als Teil eines Ensemble-Varietés erscheinen zu lassen: Julia Katharina Wuttes (Österreich) Luftakrobatik und Kontorsion und Mika Paprikas (Portugal) Wein-und-Schnapsglas-Stapelei auf der Zigarre; Emma Macphersons (Australien) Luftakrobatik und Eve Diamonds (USA) Schwung-Seil-Virtuosität, Jochen Schnells zauberhaft Kreisel-Kunst, Stanislav Vysotskyis (Ukraine) sensationelle Fußjonglage und die spektakuläre Schleuderbrett-Akrobatik von Eduardo Navas Algaba und Jarno Polhuijs aus Spanien und den Niederlanden. Es überwiegen die leisen Töne in dieser musikalischen Show, der der Tanz den Rhythmus schenkt. Poesie triumphiert übers Spektakel, Witz über Wichtigtuerei, Charme über alles.

(…) Es mag sein, dass Varieté in der Glanzzeit mehr Wert auf Perfektion legte. Lebendiger, näher, menschlicher, wärmer indes kann es nicht gewesen sein. Und es klatschten zwar seinerzeit gewiss mehr Hände, aber kaum enthusiastischer.

Peter Korfmacher, Leipziger Volkszeitung, 04.11.2022